Chaussee der Enthusiasten
Die letzte Show



LESEBÜHNE - 20:00 Uhr
Nur noch am Mittwoch, dem 9.12. in der Alten Kantine

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Die fünfte Sprache der Liebe in Schöneberg

Schenkfreudige Freunde im Ausland zu haben, kann zur Nerverei werden, wenn sie sich anmaßen, einem aus dem Nicht-EU-Gebiet ihre Waren zukommen zu lassen. Dem wachsamen Auge des Zoll entgeht keine Sendung, die mehr als ein paar warme Worte auf Büttenpapier enthält. Theoretisch könnte man den Zöllnern per Post oder E-Mail erklären, dass es sich um ein Geschenk handelt. Aber wenn man nicht weiß, dass und von wem man ein Geschenk bekommt, verweigern sie die Kommunikation. Sie können dem Empfänger auch nicht den Absender mitteilen. "Wegen des Postgeheimnisses". Da könnte ja der Empfänger auch böse Dinge anstellen, wenn er den Namen dessen erführe, von dem er Post bekommt.
Das Zollamt Schöneberg befindet sich in einer barackigen Baracke mit dem Charme einer Baracke. Wer nun meint, immerhin als Schöneberger habe man ja Glück, sich den Anfahrtsweg zu sparen, der unterschätzt das morphische Feld der Barackigkeit, die das Zollamt ausströmt und die gesamte Gegend in einem Umkreis von 800 Metern verbarackt.

Vor der Tür rauchen die Angestellten Zigaretten, und wer gerade keine raucht, macht nur eine Pause zwischen zwei Fluppen. Ein Angestellter überprüft die Registrierungsnummer, für die man eine Wartenummer bekommt. Wenn man eine bekommt. Denn eine Warnung prangt in Arial Barack Fonts von mehreren Wänden:

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir nicht jedem eine Wartenummer geben können. Ihr seid zu viele.


Es herrscht eine Stille, als seien wir Gefängnisinsassen, die auf die Vorsprache beim Direktor warten und darauf hoffen, diesmal wegen guter Führung auf Bewährung rauszukommen.
Dass ich nicht weiß, von wem ich das Päckchen bekommen habe, sorgt beim Registrierer für Unmut. Ich müsse doch eine Rechnung vom Ebay- oder Amazon-Händler haben. "Es ist gewiss von einem amerikanischen Freund." - "Wie heißt der?" - "Ich weiß nicht. Ich habe viele amerikanische Freunde." - "Anscheinend zu viele."
In einer Ecke steht ein Rollstuhlfahrer und ein Kinderwagen. Es müffelt streng von dort, denn es gibt hier keine Behindertentoiletten und keine Wickelräume.
Wenn nach drei Stunden die Wartenummer auf den 90er-Jahre-Displays erscheint, ist man so ausgelaugt, dass sich Demut und Vorfreude einstellt. Man hat es geschafft. Die Angestellte wuselt herum. Auch für sie ist es kaum vorstellbar, dass man von Menschen Geschenke bekommt, die nicht mit einem verwandt sind. Aber sie zuckt die Schultern: "Ich bin ja nur aushilfsweise da." So desorientiert wie sie starren auch alle anderen Mitarbeiter in der Paketausgabe. Alle aushilfsweise. Ach ja, wie konnte ich's vergessen, die Angestellten selber stehen ja draußen und müssen ihre Zigaretten verbrennen.

Schenken gilt als eine der fünf Sprachen der Liebe. Vielleicht sollte ich meine amerikanischen Freunde dazu auffordern, zu Zärtlichkeit, Hilfe, gemeinsamem Zeitverbringen und Lob überzugehen.

1 Kommentar:

  1. trifft den nagel auf den kopf ... nur zu nett ... die da arbeiten sind alles ausrangierte nullen, denen man besser hartz IV, meinetwegen in höhe ihrer derzeitigen bezüge geben sollte. dann können sie einem wenigstens nicht zeit und weiteres geld stehlen.

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