Chaussee der Enthusiasten
Die letzte Show



LESEBÜHNE - 20:00 Uhr
Nur noch am Mittwoch, dem 9.12. in der Alten Kantine

Montag, 28. Oktober 2019

20 Jahre Chaussee der Enthusiasten

Heute ist es genau zwanzig Jahre her, dass die Chaussee der Enthusiasten zum ersten Mal auftrat. Ein verrauchter Keller in der Tagung war unsere erste Spielstätte, und der Globus von Anfang an mit dabei. Dass unser Mikrokabel nicht in die Anlage passte, war kein Problem. Wir besorgten ein Ersatzkabel aus dem befreundeten Knorre-Club, was uns nicht viel weiterhalf, da Jochen das Kabel irgendwie so zerschnitt, dass man es weder anknüppern noch jemals wieder reparieren könnte. Also mussten wir ohne Mikrofon lesen, was für die 23 Zuschauer weniger ein Problem war als für uns, die den Mikroständer zum Festhalten brauchten. Andreas Gläser legte Independent-Ska-Musik auf, und Ahne war unser berühmter Stargast von der Reformbühne. Damals gehörten zu unserer Truppe Jochen Schmidt, Dan Richter, Robert Naumann, Andreas Gläser und Andreas Rüttenauer. Volker Strübing und Stephan Zeisig kamen dazu, als Rüttenauer ausstieg. Später wurde Volker Strübing von Kirsten Fuchs abgelöst, und Kurt Krömer probierte sich in der Anfangszeit für drei Monate als Enthusiast aus. Wir hofften, zwei oder drei Jahre durchzuhalten. Es wurden dann fünfzehn Jahre. In Cube-Club, RAW-Ambulatorium, Stenzerhalle, Skandal, Turnhalle,Café Szimpla und Frannz.
Wir trennten uns friedlicher als die Beatles und feiern unsere Reunions häufiger als jede 70er-Jahre-Glitter-Rockband.
Aber zwanzig Jahre sind nun mal wirklich etwas Besonderes: Wir feiern Ende November im Rahmen des Kantinenlesens. Wir lesen vor, singen und dialogisieren wieder vor uns hin.
Wir sind natürlich offen für Geschenke, zum Beispiel hat uns Google diesen Treffer hier gleich als Erstes bei der Suche nach passenden Geschenken serviert:

https://www.mydays.de/geschenkidee/berlin-floating-becken
Wer läge nicht gern mit einem Enthusiasten im Becken?

Aber was uns mindestens genauso beglückt, ist, wenn ihr uns am 30.11. in der Alten Kantine besucht.
Mit dabei: Kirsten Fuchs, Jochen Schmidt, Dan Richter, Volker Strübing, Stephan Serin, Andreas Kampa, Andreas Gläser. Und Robert Naumann steht für Smalltalks zur Verfügung.
 Tickets gibt es hier: https://event16193.cortex-tickets.de/

Sonntag, 23. September 2018

Sex mit den Ex


Wir wollten die Angelegenheit eigentlich auf sich beruhen lassen. Der Paartherapeut, die Scheidungsanwälte, das Vermögen - all diese Dinge liegen nun schon fast drei Jahre hinter uns.
Und nun, da es keinen Druck mehr gibt, fühlt man sich wieder zueinander hingezogen. Alle paar Monate trifft man sich zum gemeinsamen Vorlesen. Hauptsache, die anderen Lesebühnen, die verpartnerten Verlage, Slam-Shows und Improtheater bekommen keinen Wind davon.
Das nächste Mal kann man uns sehen am 29.9.2018 um 20 Uhr in der Alten Kantine in der Kulturbrauerei.

Diesmal lohnt es sich wahrscheinlich, vorher Karten zu kaufen.

Dienstag, 10. Mai 2016

Abschied von den Klemmmappen

Sieben Kilogramm Chaussee-Texte aus den Klemmmappen entfernt und in die Papiermülltüte gestopft. Die ersten Texte noch zerrissen, dann wurde diese Mühe zu viel und ich stopfe sie stapelweise hinein.

Es gleicht einem Entsorgen der eigenen Geschichte. An manchen Mappen habe ich so sehr gehangen. Fast glaube ich noch, an der blauen Mappe, mit der alles begann, den Zigarettenrauch des Bergwerk und des Cube Club zu riechen. Manche Texte zigmal korrigiert. Völlig zerknittert die Hits, die ich bei manchen Auftritten zu A6 gefaltet in der Hosentasche trug. Andere Texte waren Mist. Einmal bei der Chaussee gelesen, bei mir selbst und dem Publikum durchgefallen. Sie blieben dennoch in der Mappe. Peinlicher Sprachmüll, der mich mahnt, jungen Autoren gegenüber nachsichtig zu sein. Die Klemmmappe von 2006 war die prallste. Nie wieder hatte ich einen solchen Ausstoß an Kurzgeschichten. Nie wieder war die Chaussee so erfolgreich wie in jenem Jahr.
Als ich mir 2012 ein Lesegerät zulegte, hörte ich auf, Texte auszudrucken. Sie nahmen einfach zu viel Platz weg. In dem Notizbuch großen Gerät könnte ich das Äquivalent einer kompletten Bibliothek transportieren. Jochen Schmidt bemängelte, es sähe auf der Bühne nicht gut aus, wenn man aus dem Reader vorlese. Papier hingegen wirke wie gerade geschrieben. Und ab Mitte 2015 beherzigte ich seinen Rat wieder. Ich druckte die Texte aus (und warf sie nach der Lesung wieder weg, nicht ohne sie auf dem Reader abzuspeichern). Vielleicht war mein Umstieg auf den E-Leser der letzte Sargnagel für die Chaussee der Enthusiasten. Kurz danach stieg Kirsten Fuchs aus und bald darauf Robert Naumann. Die Chaussee war immer eine sechssaitige Gitarre gewesen. Nun weiß jeder Gitarrist, dass man mit fünf Saiten noch einigermaßen spielen kann. Aber mit vier Saiten klingt es eben auch nicht mehr nach Gitarre. Seit Januar 2016 bin ich nur noch meine eigene Saite. Ich muss aufpassen, dass ich nicht verstumme. In den Monaten seitdem habe ich so wenige Kurztexte wie noch nie seit 1999 geschrieben.
Die Mappen liegen leer aufgestapelt auf meinem Tisch wie Tierhäute. Die Papiermülltüte wartet. Ich flüstere den Texten ein kleines „Danke und tschüss!“ zu, dann gehe ich die Treppe hinunter und werfe die Tüte in den Altpapiercontainer.
Dan Richter

Mittwoch, 13. Januar 2016

Schon einen Monat her ...

Ich habe auf meine Seite jetzt den Songtext zu meinem Abschlusslied gestellt. Personen meines Vertrauens meinten ja zu mir, kaum jemand hätte mitbekommen, auf welche Lieder mein Lied Bezug nimmt. Darum kann man den Text nun nochmal nachlesen.

Donnerstag, 17. Dezember 2015

Lost in Innsbruck - Wie AC/DC ohne AC und DC

Eine Woche ohne Chaussee der Enthusiasten, Zeit einmal einen älteren Text zu posten, der das Gefühl ganz gut beschreibt. 2008 waren wir in Innbruck zu Gast und die anderen sind ohne mich aus dem Hotel losspaziert. Natürlich war, wie alles im Leben, auch das sofort wieder Anlaß für einen Text. JS



Lost in Innsbruck
Das mußte ein Irrtum sein, an der Rezeption hatte es geheißen, meine Kollegen seien schon losgegangen. Ich war nur kurz auf dem Zimmer gewesen, um die Geschenke zu holen, mit denen ich sie unterwegs überraschen wollte, aber anscheinend hatte keiner von ihnen mitbekommen, daß ich den Ausflug zur Innsbrucker Hungerburgbahn mitmachen wollte. Dabei war heute der letzte Tag an dem die Bahn fahren würde, ab morgen würde sie durch die neugebaute Bahn ersetzt. Über 100 Jahre, und ich war nie damit gefahren! Und jetzt war es zu spät, meine Freunde hatten mich vergessen. Sie waren einfach losgegangen ohne sich umzudrehen. Zum ersten Mal seit acht Jahren war ich allein auf der Welt.


 Ich mußte sie finden, sie konnten noch nicht weit sein. Aber in den engen Gassen Innsbrucks suchte ich sie vergebens. Überall wo ich war, konnten sie gerade gewesen sein. Wo ich nicht war, konnten sie gerade sein. Meine einzige Chance, sie zu finden, wäre gewesen, mich mit Lichtgeschwindigkeit zu bewegen, denn das Licht ist überall gleichzeitig. Realistisch war das nicht. Warum hatten sie mich bloß vergessen? Merkten sie überhaupt, daß ich fehlte? Ich war so allein, ich würde nicht schimpfen, wenn ich sie nur wiederfände. Höchstens eine Ohrfeige, damit sie sich merkten, in Zukunft besser aufzupassen, aber dann auch gleich ein Kuß, weil ich so erleichtert wäre.


So allein, wie ich war, konnte ich nichts mehr genießen. Innsbruck, diese schöne Stadt in den Alpen, war plötzlich ganz häßlich für meine Augen. Mein Leben schien mir sinnlos, ohne meine Freunde. Alles war fade geworden.


Es kam mir vor als stände eine Wand zwischen mir und den Dingen. Ich konnte an nichts anderes denken. Ich war allein, ausgeschlossen von den Spielen der anderen. Man hatte mich vergessen, sie wußten nicht, wie es mir ging, weil sie ihre Telefone ausgestellt hatten. Oder war das Absicht gewesen? Hatten sie mich gar nicht vergessen, sondern abschütteln wollen? Schon auf der Bahnfahrt hatte niemand neben mir sitzen wollen, weil ich an Blähungen litt. Aber daß sie mich deshalb ausschlossen?


Ihre Telefone waren aus. Es war Sonnabend. Wenn ich ihnen schreiben wollte, mußte ich in dieser Stadt das Wochenende abwarten. Ich konnte mir aber nicht vorstellen, in meiner jetzigen Verfassung auch nur den heutigen Tag zu überstehen.


Wenn man verlassen wurde, ist man ungerecht zu sich und der Welt. Man sieht nur noch das Negative. Eine Stunde irrte ich atemlos durch die Gassen Innsbrucks. Italienische Reisegruppen wurden herumgeführt. So viele Menschen, aber blieb einer zurück, warteten die anderen und riefen den Verirrten wieder heran. Auf Weihnachtsmärkten drängten sich die Menschen und freuten sich auf das Fest, aber für mich würde es in diesem Jahr kein Weihnachten geben, ich war ein Ausgeschlossener, denn meine Freunde fuhren ohne mich mit der Hungerburgbahn.


Das schlimmste war: ich konnte mit ihnen nicht abschließen und meinen Kummer hinter mir lassen, alles schien mich an sie zu erinnern! Bohni, der jede Woche vor der Show ein mit Boulette belegtes Brötchen gegessen hatte. Wie oft hatte ich ihn verspottet, weil er sich so schlecht ernährte, jetzt tat es mir leid. Sollte er doch Boulettenbrötchen essen, wenn sie ihm schmeckten! Wie lieblich seine Bouletten in meiner Erinnerung dufteten, jetzt, wo ich sie vielleicht nie mehr riechen würde.


Und Stephan, der wegen seiner Füße als Kind ein halbes Jahr in Gips gelegen hatte und damals nur Freunde aus der Gipsszene hatte. Hätte ich ihm nicht jede Ungerechtigkeit verzeihen müssen, wo das Leben so ungerecht zu ihm gewesen war? Das Knirschen seiner orthopädischen Schuhe, es war längst ein Stück Heimat für mich geworden.


Dan, der sich mit Mozart auskannte, wie kein zweiter. Er hatte alle seine CDs. Und ich hatte diesem Habsburger Perrückenpudel nie etwas abgewinnen können. Ich summte vor mich hin: Ba, baba, babababababaaa… So übel war das doch gar nicht. Schade, daß Dan mich jetzt nicht hören konnte.


Robert, wie oft hatte er mich nicht verstanden, weil ich immer so nuschele. Selbst, wenn ich ihm direkt ins Ohr sprach. Warum war ich dann immer so unfreundlich und weigerte mich, das Gesagte zu wiederholen? Und wenn es fünfmal sein mußte, das machte doch nichts, schließlich war er schwerhörig. Ach, ich war ein schlechter Mensch. Wie hatten sie es nur so lange mit mir ausgehalten?


Und schließlich Volker, der immer so dicke Science-Fiction-Bücher las, 1000 Seiten und mehr. Hätte ich nicht auch mal eins lesen sollen? Und wenn es drei Jahre dauerte, ich mußte doch versuchen, mich den Interessen meiner Freunde zu öffnen. Immerhin sahen UFOs aus wie Hamburger, und die hatten mir doch immer geschmeckt.


Ich irrte durch die Straßen Innsbrucks, überall sah ich Zeichen, die für mich gemeint sein konnten. Aber selbst, wenn es so war, was sollten sie bedeuten?


Warum konnten sie sich nicht eindeutiger ausdrücken? Was sollte immer diese verschrobene Art? Aber nein, ich wollte mich nicht ärgern, meistens war man doch selber schuld, wenn man etwas nicht mitbekam. Ein Pfeil geradeaus, einer nach rechts, das war sicher ganz logisch, und es lag nur an mir, wenn ich den Sinn nicht verstand.


Vor den Auslagen eines Shops überlegte ich, was ich ihnen schenken würde, wenn ich sie je wiedersehen sollte. Es müßte etwas ausgefallenes sein, ein Grillkoffer. Wir hatten noch nie zusammen gegrillt, mit so einem Koffer wäre daran zu denken gewesen.


Oder eine elektrische Pfeffermühle? Dann wäre das Würzen wemiger anstrengend. Vor allem im Alter ein Segen, wenn die schwächer werdenden Geschmackspapillaren nach mehr Pfeffer verlangten und den Händen das Drehen an der Peffermühle zu mühselig wurde. Aber ach, es war ja sowieso zu spät, sie waren ohne mich fort.


Warum konnte ich nicht einfach einen Schlußstrich ziehen und mich neu orientieren? Warum konnte ich meine Freunde nicht vergessen? Warum erinnerte mich alles, was ich sah an sie? War Robert hier gewesen, der so gerne Bier trank?


Führte diese Spur zu Bohni?


Ich fragte bei den Händlern nach, ob ein rothaariger Mann bei ihnen Zigaretten gekauft hatte. Aber nichts. Hatte Bohni ihnen gesagt, sie sollten mir nichts erzählen?


Sekt? Kuchen? Selterswasser? Hatten sie ohne mich eine Party gefeiert? Ich war so eifersüchtig.


Vielleicht hatten sie neue Freunde gefunden und mich längst vergessen? Und ich konnte nicht aufhören, an sie zu denken... Wie ungerecht.


Ich war verlassen worden, mein Leben schien mir sinnlos. Ich konnte mich für nichts mehr interessieren. Nicht einmal daß man in Innsbruck die ostdeutsche Literatur verehrte, konnte mich trösten.


Was war man ohne seine Freunde? Ein Nichts! Wie AC/DC ohne AC und DC.


Ich brauchte Hilfe in meiner Situation. Ich mußte mein Leben wieder in den Griff bekommen. Dr. Ina Blaas, Diplom Lebens- und Sozialberaterin nahm mich in Behandlung. Ihre unkonventionellen Methoden zeitigten schnelle Erfolge.


Sie lehrte mich, nicht immer alles schwarz zu sehen! Wenn man ehrlich war, gab es genauso viel Weiß zu entdecken.


Man mußte Freude an den kleinen Dingen im Leben gewinnen. Wie lange hatte ich mir schon keine Blumen mehr fürs Fahrrad gekauft?


Man mußte dankbar sein für das, was man hatte.


Dann sah auch Innsbruck wieder so schön aus wie vorher.


Dann war jeder Tag ein Fest.

Montag, 7. Dezember 2015

Noch 1 - Diesmal Mittwoch in der Alten Kantine!

Andere würden sich an unserer Stelle bereits mit dem Leben danach beschäftigen, wir zerbrechen uns bis zum Schluss den Kopf, welche Veränderungen unsere Veranstaltung braucht, um auch wirklich jedem im Publikum etwas zu bieten. Und so warten wir auch bei unserer letzten Lesung mit einer Neuerung auf: Sie findet zum ersten Mal (wenn man man von einem Besuch bei den Surfpoeten absieht) an einem Mittwoch (20 Uhr, Alte Kantine) statt. Wir sind schon gespannt, wie das Experiment von euch aufgenommen wird. Und wir freuen uns, zu diesem Anlass noch mal einige unserer ehemaligen Mitglieder versammeln zu können: Andreas Gläser, Volker Strübing und Kirsten Fuchs in echt. Und Robert Naumann per Video. Allen, die uns in den sechzehn Jahren auf der Bühne oder vor der Bühne unterstützt haben, gilt unser Dank. Vielleicht kommen wir ja noch mal zusammen, wenn auch nie mehr so jung. Hier noch ein Lied, das wir in unserer Anfangszeit häufiger gebracht haben. Auch uns wurde diese Frage in den vergangenen Wochen oft gestellt, wenn auch zumeist auf Deutsch. So schließt sich der Kreis.



Macht's gut!
S.S.

Dienstag, 1. Dezember 2015

Noch 2 - Diesmal in der Alten Kantine!

"Ach! Diesmal habe ich keine Zeit. Zur Chaussee werde ich einfach nächsten Donnerstag gehen." Tausende dürften in den letzten Jahren ihr schlechtes Gewissen darüber, wieder eine Veranstaltung von uns zu versäumen, mit dieser Selbstlüge entlastet haben. Dafür ist es nun zu spät, denn zum letzten Mal treten wir an einem Donnerstag auf. Und wer nächsten Mittwoch (9.12.) nicht pünktlich ist, bekommt vielleicht gar keinen Platz mehr. Wer weiß das schon? Nachher grämt man sich. Besser also auf Nummer sicher gehen und schon an diesem Donnerstag vorbeischauen, und zwar um 20 Uhr in der Alten Kantine der Kulturbrauerei, die nur einen Steinwurf vom Frannz entfernt ist und wo die Chaussee auch ihre Abschiedsvorstellung geben wird.Wir sind uns nicht sicher, ob wir darauf schon hingewiesen hatten.
S.S.