Chaussee der Enthusiasten
Die letzte Show



LESEBÜHNE - 20:00 Uhr
Nur noch am Mittwoch, dem 9.12. in der Alten Kantine

Samstag, 4. Mai 2013

Was wir hassen

Was wir verabscheuen, ist selten nachvollziehbar. Mit dem, was andere verachten, verhält es sich ähnlich. Leider nutzt sich diese Irrationalität mit der Zeit ab, so sympathisch sie uns Menschen auch macht. Ich erinnere mich noch genau, wie sich mir die Nackenhaare steil aufrichteten, als ich Florian Schröders Comedy das erste Mal im Fernsehen sah. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Mittlerweile steige ich nicht einmal mehr aus der Dusche, um das Radio auszustellen, falls ich ihn morgens auf 95,8 ertragen muss. Von wem soll da die Kraft für Veränderungen ausgehen, wenn man sich selbst an solche Zumutungen gewöhnt? Von mir wahrscheinlich nicht. Vielleicht ist Dan, der Elder Statesman unserer Lesebühne, unsere letzte und einzige Hoffnung. Auch 18 Jahre nach Erscheinen bringt er Joan Osbornes One of us noch den gleichen Hass entgegen wie beim ersten Hören. Uns übrigen erschließt sich dieser Abscheu nicht. Verdient dieser romantische Song wirklich solche Ressentiments? Wohl kaum. Welcher Mensch mit ein bisschen Herz summt da nicht gerne mit? Aber eigentlich ist es uns egal, ob Dan nun ein Herz hat oder nicht, solange er die Gewähr dafür bietet, dass wir zumindest eine Person in unseren Reihen wissen, die wenigstens noch irgendetwas hasst. Denn Hass setzt Energie frei, die eine Kulturvernstaltung nach 20 Uhr erst so richtig spanndend und aufregend macht. Darum werde ich als DJ One of us am nächsten Donnerstag in den Pausen sicherlich immer mal wieder auflegen, sollte ich den Eindruck gewinnen, unserer Lesung fehle es an der nötigen Aggressivität, der Abend entwickle sich zu harmonisch-wohlgefällig. Gerne bringe ich für Zuschauer auch das eine oder andere weitere Neurodermitis-Lied. Sicher ist sicher. Man kann es sich an dieser Stelle wünschen. S.S.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen