Chaussee der Enthusiasten
Die letzte Show



LESEBÜHNE - 20:00 Uhr
Nur noch am Mittwoch, dem 9.12. in der Alten Kantine

Donnerstag, 24. Mai 2012

R.I.P. Eugene Polley

Meine erste Fernbedienung war eine Krücke. Am letzten Schultag der sechsten Klasse hatte ich mir das Schienbein gebrochen (der Gips, der vom Fuß nur die Zehen freiließ und knapp unterhalb des Gesäßes endete, kam dann am letzten Ferientag ab), acht Wochen Sommerferien lagen vor mir und vom Arzt war die Weisung ergangen, das Bein zunächst möglichst nicht zu belasten.
Die Vormittage verbrachte ich mit Lektüre, aber spätestens um 14.30 Uhr wurde der Fernseher eingeschaltet, denn um diese Zeit begann auf DDR I das Ferienprogramm, ein Spielfilm in der Regel. Heikel wurde es , wenn der Film gut war, denn um 15 Uhr begann die West-Konkurrenz auf dem ZDF, ihr Ferienprogramm auszustrahlen. Zur Hälfte war das Firlefanz, der mich nicht interessierte, aber es kamen eben auch Serien wie "Die Bären sind los", "Captain Future", "Boomer, der Streuner" und, für mich das absolute Highlight damals, "Kalle Blomquist". Meine Nachforschungen haben ergeben, dass es gar keine Serie zu Astrid Lindgrens Meisterdetektiv gab oder gibt. Ich nehme an, dass die Spielfilme gedrittelt oder geviertelt wurden und glaube mich auch zu erinnern, dass ein Teil immer endete mit einem kleinen Ausblick auf das, was beim nächsten Mal passieren würde.
Das Problem war, dass es beim ZDF-Ferienprogramm keine festen Zeiten für diese Serien gab, sie wurden einfach eingestreut zwischen den Firlefanz drumherum, das konnte 15. 20 Uhr sein oder 16 Uhr, es gab keine Regel.
Auf der Couch liegend und mit ausgestrecktem Arm und Krücke fehlten noch etwa fünf Zentimeter zu den fünf (?) Knöpfen des Fernsehapparats, so dass ich noch einen Bleistift mit Klebeband am Fuß der Krücke befestigte. Das Umschalten war trotzdem Schwerstarbeit, da die Knöpfe nur mit einigem Kraftaufwand zu drücken waren und der Bleistift absolut waagerecht gehalten werden musste, da er sonst wegknickte. Es waren harte Zeiten im Osten, das kann ich euch sagen. Im Westen mussten sie seit dreißig Jahren nicht mehr aufstehen oder sich mechanische Fernbedienungen basteln, denn schon 1955 hatte Eugene Polley die kabellose Fernbedienung erfunden. Am Sonntag ist er im Alter von 96 Jahren gestorben. Wir werden heute eine Schweigeminute für ihn einlegen. Sogar Dan und Jochen, die gar keinen Fernseher haben.

PS: Heute fehlt keiner! Eine der selten gewordenen Shows in Originalbesetzung, das sollte man sich nicht entgehen lassen!

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