Chaussee der Enthusiasten
Die letzte Show



LESEBÜHNE - 20:00 Uhr
Nur noch am Mittwoch, dem 9.12. in der Alten Kantine

Donnerstag, 4. Februar 2010

Das Klo im Skandal ist im Gang, man kann auch einfach erstmal selber gucken, bevor man die ohnehin überforderten Kassierer mit derlei Fragen belästigt

Manchmal habe ich das Gefühl, hier bloggend eine Rohrpost zu verschicken, verglichen mit den Annehmlichkeiten eines Facebook-Eintrags. Seltsamerweise gilt vielen Facebook als das Böse, während man aber bei zahlreichen E-Mail-Diensten angemeldet ist und Google benutzt. Die Tatsache, daß man sich im Internet "befreunden" kann hat zu einer Romantisierung des Konzepts "echter Freund" geführt, das die wenigsten, die das für sich reklamieren, ja mit Leben erfüllen, indem sie mich zum Beispiel außerhalb eines Zeitintervalls, das sich mit meinem Geburtstag deckt, anrufen, geschweige denn beschenken. Gibt es eigentlich noch richtige Papier-Telegramme? Vielleicht hat vorhin so ein übriggebliebener Telegramm-Bote an meiner Tür geklingelt, aber ich habe nicht aufgemacht. Wir leben in einer Zeit, in der unangemeldetes Klingeln an der Tür nichts Gutes bedeuten kann. Eigentlich bräuchte ich gar keine Türklingel mehr, wir leben doch nicht mehr im 19.Jahrhundert! Eher eine Klingel an der Haustür, mit der ich signalisieren kann, wenn ich gerne Besuch hätte. Dann kann man als zufälliger Passant reinkommen, das wäre bestimmt schön. Ich bestimme ja auch selber, wann ich meine E-Mails lese, nämlich asynchron. Was hat das mit heute Abend zu tun? Nichts! Wer bis hierher gelesen hat wird nicht mit einem überraschenden intellektuellen Bogenschlag belohnt, wir verweigern uns solchem zweckrationalen Denken, hier wird noch lustvoll die Lebenszeit des Lesers verschwendet. Wir haben heute zwei Gäste, den berühmten Slammer Mischa-Sarim Vérollet, der sich offenbar besser mit Internet-Seiten-Machen auskennt als wir, und den sympathischen Autor und Philosophen Florian Werner, der vielleicht aus seinem Überraschungserfolg "Die Kuh: Leben, Werk und Wirkung" lesen wird. JS

3 Kommentare:

  1. Facebook ist nicht böser als Google, aber ich glaube, viele Leute finden dieses unsägliche Konzept der "Online-Community" abstoßend. Zu recht, wie ich finde!

    Es wird getwittert was das Zeug hält. Die Leute müssen der Welt auf die Nase binden, wann sie auf Klo gehen und welche Konsistenz ihr Stuhlgang hatte. Sie verbreiten peinliche Fotos in ihren Onlineprofilen ungeachtet dessen, ob andere abgebildete Personen das überhaupt gutheißen und sie sammeln Onlinefreunde wie Briefmarken, nur um möglichst viele Connections zu haben, damit sie sich nicht mehr so einsam fühlen.

    Und am schlimmsten sind die, die ihre ganzen "Real-Life-Freunde" zwingen wollen, auch beizutreten, weil diese sonst alles wichtige verpassen, da die klassischen Kommunikationswege komplett ignoriert werden. "Willst Du wissen, wann das nächste Klassentreffen ist? Melde Dich bei stayfriends an! Meine Geburtstagseinladung findest in meiner Benutzergruppe auf Facebook."

    Ist das die schöne neue Welt des Web-Zwo-null? Schön nicht.

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  2. Ich finde es nicht so verwunderlich, daß die Menschen im Web-zwei-Null genauso nerven wie im First life. Aber im Gegensatz zum "richtigen Leben" kann man Leute, die einen bei Twitter belästigen auf einfache Art loswerden. Habe ich auch das Recht, mich genauso kritisch über Menschen zu äußern, die mir auf Partys oder auf der Straße mit ihrem echten Anblick und ihren Äußerungen auf die Nerven gehen? Für mich hat Facebook bis jetzt nur Vorteile gehabt, und wenn das nicht mehr so ist, gehe ich eben raus.

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  3. Es ist ja nicht so, daß es falsch wäre. Wenn so viele Leute drauf stehen, hat es ja automatisch seine Daseinsberechtigung.
    Man kann natürlich darüber philosophieren, wer wen mit welchen Mitteln und Zielen wohin lockt und ob solche Communities da sind, weil die Leute sie wollen oder ob die Leute sie wollen, weil sie da sind und man dazu manipuliert wird, sie toll zu finden.
    So oder so nehmen es die Leute ja offensichtlich an, damit ist es also unbestritten legitim ein Teil der Entwicklung der Gesellschaft - und damit in jedem Fall berechtigt.

    Frage an mich selbst: Bin ich rückschrittlich oder sogar alt, wenn ich mir Sorgen mache, daß ich den Kontakt zu vielen Leuten verliere, weil diese nur noch in Communities kommunizieren wollen und ich alle wichtigen Ereignisse ebenjener Leute verpasse, weil ich dort nicht mitmache? Antwort: Ja vermutlich. Ist das schlimm? Es ist beängstigend. Ist es normal? Ja. Waren meine Eltern vor 15 Jahren nicht genauso schockiert, als ich nachts um 5 mit meinem 14.4er Modem in BBS-Systemen gekoppelt habe und erwischt wurde? Natürlich! Und ich konnte es nicht verstehen, daß sie das ablehnten, diese schöne neue Welt.

    Es ist vermutlich einfach der Lauf der Dinge, daß die neue Generation neue Kommunikatiosnwege erschließt, aber deswegen muß ich es nicht mögen. Dumm nur, wenn man dann genau in die Generation rutscht, in der die eine Hälfte noch mitmacht und die andere nicht. Das schafft Abstände!

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